Sechs Jahrhunderte der Diskriminierung und Verfolgung

Die Geschichte der Sinti und Roma im deutschsprachigen Raum ist eine Geschichte von Ausgrenzung und Verfolgung. Erstmals wurden sie im deutschen Raum in Hildesheim erwähnt. Danach wurde am 20. September 1407 einer Gruppe von ihnen vom Rat in Hildesheim ein Willkommenstrunk gereicht, wie es die Weinamtsrechnung der Stadt belegte. Waren sie zunächst noch auch dank Schutz- und Geleitbriefen willkommen, begann bald die Ausgrenzung und sie mussten außerhalb der Stadtmauern ihre Zelte aufschlagen. Mit dem Freiburger Reichstagsbeschluss im Jahre 1498 wurden sie als angebliche Spione der Türken ausgegrenzt und praktisch für vogelfrei erklärt.

Der Ihenen halber, so sich Zygeiner nennen, und wider und für in die Lande ziehen […]. Soll per edictum publicum allen Stenden des Reichs, durch Uns bey den Pflichten, damit sy Uns und dem heyligen Reich verwandt seint, ernstlich gebotten werden, daß sy hinfür dieselben Zygeuner, nachdem man glaublich Anzeyge hat, daß sy Erfarer, Ausspeer und Verkundschaffter der Christenland seyen, in oder durch ire Lande, Gebiete und Oberkeyt nit ziehen, handeln noch wandeln lassen, noch Inen des Sicherheyt oder Geleyt geben. Und daß sich die Zygeiner darauf hiezwischen Ostern necht künfftig aus den Landen Teutscher Nation thun, sich der eussern, und darum nit finden lassen; wann, wo sy darnach betretten, und yemandts mit der Thate gegen inen zu handeln fürnemen würde, der soll daran nit gefrevelt noch Unrecht gethan haben; wie dann sollichs Unser Mandat weyter inhalten wirdet.

Bild an einem sogenannten Taternpfahl, als Warnung für die „Tataren“, wie die Sinti in Norddeutschland zunächst genannt wurden. Er untersagte ihnen an der Grenze das Betreten der Stadt oder des Dorfes ohne Erlaubnis. TaternbildErst nach dreitägiger Wartezeit durften sie das Gemeindegebiet betreten, um ihre Gewerbe auszuüben und mussten nach dre Tagen weiterziehen. Da ihnen ebenso die Ausübung der in Zünften abgeschlossenen Handwerksberufe verwehrt war, wurden sie gezwungen, als „fahrendes Volk“ ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurden die Sinti einfach über die Grenze in den Nachbarstaat ausgewiesen und ihre Rückkehr unter drakonische Strafen gestellt: Auspeitschen beim ersten Mal, Tod durch Hängen beim zweiten Mal. An den Grenzen warnten „Zigeuner- oder Taternpfähle“, auf denen gemalte Schilder die angedrohten Strafen auch für Analphabeten deutlich machten. Das Besondere an diesem historischen Bild: Es droht Juden wie Zigeunern die gleichen Strafen an.
Die Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung erstreckten sich nicht nur auf den deutschen Raum. Auch in den Nachbarländern wurden die Einwanderer aus dem fernen Asien verfolgt über Jahrhunderte verfolgt und an den Rand der Gesellschaft verdrängt. Ausgeschlossen von den meisten Berufen und immer nur für Tage geduldet, konnten sie nur durch die Ausübung verachteter Berufe und durch Flucht vor drastischen Strafen überleben.
Mit dem Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde die Diskriminierung und Verfolgung institutionalisiert und bis zur geplanten völligen Vernichtung aus rassischen Gründen gesteigert.
Weitere Informationen unter sintiundroma.org | „Rassendiagnose: Zigeuner“

Webseite der Initiative und des Fördervereins Sinti und Roma Holocaust-Mahnmal Hannover e.V. © Alle Rechte vorbehalten.